Hecht

Rechtsanwaltskanzlei

3. April 2017     BGH zur Haftung beim Filesharing über einen Familien-Internetanschluss

 

Wird über einen Familien-Internetanschluss im Wege des Filesharings eine Urheberrechtsverletzung begangen, so muss der Anschlussinhaber, der die Verletzung nicht selbst begangen haben will, Nachforschungen zum für die Rechtsverletzung Verantwortlichen anstellen. Wenn er dabei den Namen des Familienmitglieds erfährt, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er diesen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will. So die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 30.03.2017 - I ZR 19/16 - Loud. In dem zugrunde liegenden Fall wussten die wegen der Urheberrechtsverletzung als Anschlussinhaber zuvor in Anspruch genommenen Eltern, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hatte, wollten den Namen aber nicht preisgeben.


In der Vorinstanz hatte das LG München I der Klägerin, einer Tonträgerherstellerin und Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an den Musiktitel des Albums »Loud« der Künstlerin Rihanna, Schadensersatz und Abmahnkosten in Höhe von insgesamt mehr als 3.500 Euro zugesprochen (ZUM-RD 2016, 308). Die Berufung der Beklagten war erfolglos geblieben, der BGH wies die Revision zurück.


Im Ausgangspunkt trage die Klägerin als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagten für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich sind. Allerdings spreche eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen - etwa die Familienangehörigen - diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage müsse sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sogenannten sekundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbekannt sind. In diesem Umfang sei der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, sei es wieder Sache der klagenden Partei, die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen.


Entsprechend dem BGH haben die Beklagten haben jedoch ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt, weil sie den Namen des Kindes nicht angegeben haben, das ihnen gegenüber die Rechtsverletzung zugegeben hat. Diese Angabe sei den Beklagten aber auch unter Berücksichtigung ihrer Grundrechtspositionen zumutbar gewesen. So sei den Eltern die Offenbarung des Namens ihres Kindes auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Familie gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG zumutbar. Der BGH stellt mit der Entscheidung zwar klar, dass der Anschlussinhaber nicht verpflichtet sei, etwa die Internetnutzung seines Ehegatten zu dokumentieren und dessen Computer auf die Existenz von Filesharing-Software zu untersuchen. »Hat der Anschlussinhaber jedoch im Rahmen der ihm obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er dessen Namen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will.«




weiterführende Links:

Pressemitteilung des BGH Nr. 46/2017: Urteil vom 30.03.2017 - I ZR 19/16 Loud

Europäisches Parlament: Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRCh)

Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz: Artikel 6 Grundgesetz (GG)

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